Auf der Jahrestagung des Instituts für Finanzen und Steuern in Berlin hat Hessens Finanzminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz seine Forderung nach einem Moratorium der globalen Mindeststeuer bekräftigt. Die Steuer könne nur funktionieren, wenn sie weltweit und insbesondere in allen bedeutenden Volkswirtschaften umgesetzt werde. Andernfalls drohten einseitige Belastungen.
Uneinheitliche Umsetzung gefährdet Fairness
Lorz betonte, die Grundidee, dass Unternehmen weltweit mindestens 15 Prozent Steuern auf ihre Gewinne zahlen sollen, sei weiterhin sinnvoll. Allerdings sei eine Umsetzung nur dann realistisch und gerecht, wenn sie von allen wichtigen Staaten getragen werde. Daher forderte er ein europaweites Moratorium.
Bürokratischer Aufwand steht in keinem Verhältnis
Der Minister erklärte, er habe bereits vor der Ankündigung möglicher steuerlicher Gegenmaßnahmen durch die USA Zweifel an der Umsetzung gehabt. Er verwies auf den hohen bürokratischen Aufwand, der sowohl Unternehmen als auch die Finanzverwaltung belaste, ohne dass der zu erwartende Ertrag diesen Aufwand rechtfertige.
Wettbewerbsnachteile für europäische Unternehmen
Lorz wies darauf hin, dass es keinen Sinn ergebe, wenn nur die Europäische Union die Mindeststeuer anwende, während bedeutende Staaten wie die USA und China sich nicht beteiligten. Dies führe zu einer Benachteiligung europäischer und insbesondere deutscher Unternehmen.
Zusatzbelastungen für deutsche Unternehmen
Bis zu einer internationalen Einigung sollten die zusätzlichen bürokratischen Belastungen für Unternehmen in Deutschland vermieden werden, mahnte Lorz. Die Mindeststeuer zwinge Unternehmen zu einer gesonderten Gewinnermittlung, was zu erheblichen finanziellen und personellen Mehraufwendungen führe. Das gefährde die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten.
Drohende Gegenmaßnahmen der USA
Besonders kritisch sei, so Lorz, dass die USA mit steuerlichen Gegenmaßnahmen drohten, sollten deutsche Regeln auf US-Unternehmen angewendet werden. Dies treffe Hessen als internationalen Wirtschaftsstandort mit starkem Finanzsektor und global aktiven Unternehmen aus Branchen wie Chemie, Pharma und Automobilindustrie in besonderem Maße.
Deutschland soll EU-weites Moratorium vorantreiben
Lorz räumte ein, dass die Mindeststeuer auf einer EU-Richtlinie beruhe. Dennoch solle sich Deutschland in der EU für eine Aussetzung einsetzen, bis Klarheit über das weitere Vorgehen herrsche. Er verwies darauf, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Bürokratieabbau und Wettbewerbsfähigkeit als zentrale Ziele formuliert habe. Ein Moratorium unterstütze beide Anliegen.
Internationale Steuerpolitik muss praktikabel bleiben
Der Minister unterstrich, dass Hessen stets für eine gerechte und wirksame Besteuerung eingetreten sei. Das habe sich nicht geändert. Doch die derzeitige Form der Mindeststeuer sei ein Irrweg, wenn sie einseitig durchgesetzt werde. Globale Lösungen seien grundsätzlich sinnvoll, müssten aber auch funktionieren. Es sei nicht zielführend, das Vorhaben aus Prestigegründen weiterzuführen.
Unterstützung durch Fachverbände
Abschließend verwies Lorz auf die jüngste Positionierung des europäischen Steuerberaterverbands CFE Tax Advisers Europe, der sich ebenfalls für eine Aussetzung der Mindeststeuer ausgesprochen habe. Wenn selbst Akteure, die von der Umsetzung profitieren würden, sich gegen die aktuelle Umsetzung wendeten, spreche dies eine deutliche Sprache.
Hintergrund: Was ist die Mindeststeuer?
Ziel der globalen Mindeststeuer ist es, Unternehmensgewinne weltweit mit mindestens 15 Prozent zu besteuern. Dadurch sollen Gewinnverlagerungen in sogenannte Steueroasen unterbunden werden. Liegt der Steuersatz eines Landes unter dieser Grenze, können andere Staaten eine Nachversteuerung vornehmen.
Obwohl sich ursprünglich rund 140 Staaten zur Einführung der Steuer bekannten, haben bislang lediglich etwa 35 Länder sie tatsächlich umgesetzt – darunter alle 27 EU-Mitgliedsstaaten. Wichtige Volkswirtschaften wie die USA, China und die BRIC-Staaten beteiligen sich nicht
Das Institut Finanzen und Steuern (ifst)
Das Institut Finanzen und Steuern befasst sich seit über 70 Jahren wissenschaftlich mit aktuellen Fragen der Finanz- und Steuerpolitik, insbesondere im Unternehmenssteuerrecht. Ziel ist es, einen transparenten und öffentlichen Diskurs zu fördern, in dem unterschiedliche Perspektiven Raum finden. Dabei wahrt das Institut politische und wissenschaftliche Neutralität als oberstes Prinzip.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums der Finanzen vom 23.06.2025