Angesichts globaler politischer Umbrüche und schwankender Märkte warb BaFin-Präsident Mark Branson bei einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main für mehr Selbstbewusstsein und Zuversicht in Europa. Europa könne durch drei zentrale Eigenschaften punkten: die uneingeschränkte Stärkung der Resilienz des Finanzsystems, die Gewährleistung von Rechtssicherheit sowie den Schutz unabhängiger Institutionen. Zudem sprach er sich für den gezielten Abbau unnötiger regulatorischer Komplexität aus.
Stabilität trotz Marktschwankungen
Trotz erheblicher Verunsicherung in Weltpolitik und Wirtschaft haben die Finanzmärkte bislang stabil funktioniert. Laut Branson gab es durchgängig eine funktionierende Preisfindung, keine Liquiditätsengpässe und keine schwerwiegenden Probleme bei Finanzinstituten. Insgesamt sei der deutsche Finanzsektor gut aufgestellt. Dies sei die vorläufige Bilanz der ersten Monate des Jahres 2025.
Europa als Gewinner im internationalen Wettbewerb?
Ob Europa gestärkt aus der aktuellen Phase hervorgeht, hänge laut Branson von zwei zentralen Faktoren ab: Zum einen müsse die Widerstandskraft und Verlässlichkeit des Finanzsystems gewahrt bleiben, inklusive des Schutzes unabhängiger Institutionen. Zum anderen könne Europa durch den Abbau regulatorischer Komplexität seine Attraktivität als Finanzstandort steigern. Eine klarere, schnellere Aufsicht sowie der Abbau von Hürden für einen liquiden Finanzbinnenmarkt seien hierfür entscheidend.
Erfolgreiche Regulierung als Fundament
Branson bezeichnete die europäische Regulierung und Aufsicht der vergangenen Jahre als Erfolgsgeschichte. Die richtige Kalibrierung der Regulierung habe wesentlich zur Stabilität in Krisenzeiten beigetragen. Vorgaben wie Basel III und Solvency II hätten sich bewährt und die Krisenfestigkeit von Banken, Wertpapierhäusern und Versicherern gestärkt. Eine Aufweichung dieser Regeln sei riskant und könne die nächste Finanzkrise begünstigen.
Weniger Komplexität bei gleichbleibender Sicherheit
Die EU müsse laut Branson jetzt entschlossen handeln, um mehr Effizienz in Regulierung und Aufsicht zu erreichen. Dabei solle das hohe Schutzniveau erhalten bleiben, während die Komplexität reduziert wird. Anstelle starrer Vorgaben sei in vielen Fällen ein prinzipienorientierter Ansatz sinnvoll. Dies würde sowohl den Unternehmen als auch der Aufsicht mehr Flexibilität ermöglichen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sei die Proportionalität: Regelungen müssten so gestaltet sein, dass sie auch für kleinere Institute praktikabel und umsetzbar seien.
Entlastung für kleinere Institute
Die BaFin nutzt ihre Spielräume in der Verwaltungspraxis zunehmend. In den letzten zwölf Monaten seien bereits Fortschritte erzielt worden, etwa bei der Anpassung von Stresstests und Berichtspflichten sowie im Risikomanagement kleinerer und mittlerer Institute. Nahezu 1.000 Banken und Sparkassen – rund drei Viertel aller Institute in Deutschland – profitierten bereits von diesen Maßnahmen. Branson bezeichnete dies als wichtigen ersten Schritt und kündigte weitere Überprüfungen eigener Regelwerke an.
Überarbeitung der MaRisk und Vorschläge an die Gesetzgeber
Für das laufende Jahr plant die BaFin, die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) zu überarbeiten. Ziel sei es, praxisnahe und einfachere Lösungen für verschiedene Institutsgrößen zu finden. Darüber hinaus werde sich die BaFin weiterhin gegenüber nationalen und europäischen Gesetzgebern für einen Abbau von Komplexität und mehr Proportionalität einsetzen. Branson kündigte an, regelmäßig konkrete Vorschläge für mögliche Anpassungen oder Rücknahmen von Regelungen einzubringen.
Differenzierte Anwendung europäischer Leitlinien
- Die BaFin beabsichtigt, bei der Umsetzung europäischer Leitlinien selektiv vorzugehen. Sollte eine vollständige Anwendung auf den deutschen Markt nicht sinnvoll erscheinen, werde sie entsprechende Anpassungen vornehmen. Dies gelte beispielsweise für die neuen ESG-Leitlinien der Europäischen Bankenaufsicht (EBA), die aus Sicht der BaFin zu detailliert seien. Während sie für große Institute angemessen seien, werde man sie bei kleineren Instituten nicht vollständig anwenden. Die BaFin habe zentrale Anforderungen bereits durch ihre prinzipienbasierte Umsetzung in den MaRisk vorweggenommen. Branson betonte, dass Kleinbanken nicht durch übermäßige Berichtspflichten zum Klimaschutz beitragen könnten.
- Auch die EBA-Leitlinien zu Finanzsanktionen will die BaFin nur teilweise umsetzen. In Deutschland bestehe bereits ein bewährtes Kontrollsystem durch das Außenwirtschaftsrecht und die Deutsche Bundesbank. Eine vollständige Übernahme der EBA-Vorgaben könnte hier zu überflüssigen Doppelungen führen.
- Die BaFin sieht es weiterhin als ihre Aufgabe, beim Abbau bürokratischer Hürden und einer praxisnahen Verwaltung eine Vorreiterrolle einzunehmen. Sie betrachtet dies als dauerhafte Verpflichtung.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 07.05.2025